
Ohne Gentechnik – der Standard für Bio-Lebensmittel
Das Grundprinzip der Gentechnik
Unter Gentechnik versteht man Verfahren, die direkt in das DNA-Molekül einer Zelle eingreifen und dadurch Erbinformationen verändern. Dabei macht sich die bisherige, "klassische" Gentechnik ein Verfahren zunutze, das artfremde DNA in das Erbgut einer Pflanze einschleust. Problematisch ist, dass dieses Verfahren ungenau ist – man also nicht weiß, welcher DNA-Bereich verändert wird. Es braucht daher viele Versuche, um zum erwünschten Ergebnis zu kommen, der Pestizid-Resistenz einer Pflanze beispielsweise. Ist die gentechnisch veränderte Pflanze einmal in die Natur ausgebracht, so wird sie sich weiter vermehren und in der Umwelt verbreiten – und damit auch die gentechnisch veränderte DNA. Zu den ersten gentechnisch veränderten Pflanzen gehörten Sojabohnen, die gegen ein bestimmtes Unkrautvernichtungsmittel (Herbizid) tolerant sind, sowie Mais und Baumwolle, die Schädlinge abwehren können.Das Gentechnikgesetz – Stand heute
Im Jahr 1990 wurde das erste deutsche Gentechnikgesetz veröffentlicht, welches seitdem mehrfach überarbeitet wurde. Hier sind nicht nur strenge Zulassungsbedingungen festgeschrieben, sondern auch Regeln zur Kennzeichnungspflicht. Ebenfalls gesetzlich geregelt sind die Haftungsfrage bei möglichen Verunreinigungen und die Pflicht zur Einhaltung von Schutzabständen. All dies ist für Bio-Bäuerinnen und -Bauern existenziell, denn gemäß dem Grundgedanken des Bio-Landbaus arbeiten sie mit lebenden Tieren und Pflanzen in der Natur und nicht mit einzelnen Molekülen im Labor. Der Grundgedanke des Bio-Landbaus ist mit Gentechnik nicht vereinbar! So ist auf Bio-Äckern gentechnisch verändertes Saatgut tabu, Bio-Tiere dürfen nicht mit gentechnisch verändertem Futter ernährt werden; und in den Produkten selbst dürfen keine gentechnisch veränderten Rohstoffe verarbeitet werden. Klare Regeln also, die streng überwacht werden. Daher schaut die Bio-Branche besorgt nach Brüssel, wo die EU-Kommission plant, das Gentechnikrecht aufzuweichen. Hintergrund sind neue genomische Techniken, für die künftig weniger strenge Regeln gelten könnten.Was ist "neue Gentechnik"?
Bei der neuen Gentechnik wird die DNA an vorher festgelegten Stellen durch sogenannte Gen-Scheren geschnitten, das bekannteste Beispiel ist CRISPR/Cas. Diese Beschädigung soll zelleigene Reparaturmechanismen auslösen, welche die Struktur des DNA-Moleküls reparieren, aber dadurch die Erbinformation in der Zelle umschreiben. Das Verfahren ist im Vergleich zu bisherigen präziser und es müssen keine artfremden Gene mehr in die Zellen eingeschleust werden. Die Befürwortenden der neuen Gentechnik fordern daher, diese rechtlich nicht als Gentechnik einzustufen, was gravierende Auswirkungen hätte. Es bräuchte keine Risikoprüfung und keine Kennzeichnung mehr. Auch eine Wahlfreiheit wäre nicht gegeben, da die Produkte der neuen Gentechnik für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht mehr von anderen zu unterscheiden wären. All das lehnen wir für unsere Alnatura Produkte ab und machen uns stark dafür, dass Bio-Lebensmittel weiterhin ohne Gentechnik hergestellte Lebensmittel bleiben.Interview: Alnatura weiterhin ohne Gentechnik
Die Gesetzgebung schließt den Einsatz von Gentechnik für Bio-Lebensmittel aus. Warum das so ist und wie sich Alnatura dafür einsetzt, dass dies auch so bleibt – darüber haben wir uns mit Gunther Weiß unterhalten. Er verantwortet bei Alnatura das Qualitätsmanagement und reiste in der Mission "Alnatura ohne Gentechnik" durchaus auch schon mal nach Budapest, um dem damaligen EU-Ratsvorsitzenden einen offenen Brief zu überreichen.
Herr Weiß, was ist für Sie das Kritische an der Gentechnik?
"Die wissenschaftliche Forschung hat uns ein enormes Wissen beschert und ermöglicht viel Gutes. Mit Blick auf die Gentechnik wissen wir zwar, dass wir in Laboren die Regeln der Chemie entschlüsseln können, aber die Komplexität der Natur haben wir noch lange nicht vollständig verstanden. Lebensvorgänge in natürlichen Ökosystemen lassen sich nicht auf eine Art Baukasten von Molekülen, Genen und Zellen reduzieren. Die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen in der Natur führt immer wieder zu unerwünschten Wechselwirkungen, die trotz aller Forschung nicht vorhergesagt werden können."
Zum Beispiel?
"Mal blühen beispielsweise die gentechnisch veränderten Petunien in einer unerwarteten Farbe oder es entstehen bei Wildpflanzen Resistenzen gegen Unkrautvernichter, die nicht vorhersehbar waren. Hinzu kommt, dass sich einmal in der Natur freigelassene Organismen nicht mehr ins Labor zurückholen lassen. Das ist sehr riskant, wenn man bedenkt, dass ein funktionierendes Ökosystem die Grundlage für unsere Ernährung ist. Zumal Bio-Bäuerinnen und -Bauern zeigen, dass es auch ohne Gentechnik geht. Sie arbeiten mit der Natur. Züchtung erfolgt nicht im Molekularlabor, sondern durch traditionelle Auslesezüchtung der Pflanzen auf dem Feld."
Was würde es bedeuten, wenn die EU neue Verfahren wie CRISPR/Cas nicht mehr als Gentechnik einstufen würde?
"Für die sogenannte 'neue Gentechnik' würden beispielsweise die vorsorgende Risikoprüfung und die Kennzeichnungspflicht wegfallen. Sowohl für Bio-Betriebe als auch für uns Verbraucherinnen und Verbraucher hätte dies weitreichende Folgen. Durch die fehlende Kennzeichnung könnten wir beispielsweise nicht mehr entscheiden, ob Gentechnik auf den Acker oder gar unseren Teller kommt. Was letztlich auch deutlich gegen den Willen der Verbraucherinnen und Verbraucher gehen würde. Denn in einer Forsa-Umfrage1 stimmten im September 2023 von rund tausend Befragten über 90 Prozent dieser Aussage zu: 'Lebensmittel, die gentechnisch verändert wurden, müssen gekennzeichnet werden. Unabhängig davon, ob neue gentechnische Verfahren oder klassische Gentechnik angewendet wurde.' 96 Prozent forderten: 'Wenn Pflanzen mit neuen Verfahren gentechnisch verändert werden, sollten mögliche Risiken immer untersucht werden.'"
1 Quelle: keine-gentechnik.de/dossiers/meinungsumfragenGentechnik – Fragen und Antworten
Was ist Gentechnik?
Wenn wir von Gentechnik sprechen, dann ist hier „Grüne Gentechnik“ gemeint, also eine Methode der Biotechnologie, die für den Eingriff in das Erbgut (Genom) von Pflanzen steht. Durch das Verändern der Erb-Informationen und das Einschleusen neuer Informationen in das Genom sollen Pflanzen andere Eigenschaften bekommen - zum Beispiel, dass ihnen der Einsatz von chemischen Unkrautvernichtungsmitteln (Herbizide) nichts anhaben kann oder sie resistent gegen bestimmte Insekten werden.
Ist Gentechnik dasselbe wie Züchtung?
Nein, Gentechnik ist keine Züchtung. Sie nutzt Erkenntnisse der Molekularbiologie und der Genetik. Während Gärtner bei der herkömmlichen Züchtung auf Veränderung durch Auslese, Selektion und Vermehrung setzen, versuchen bei der Gentechnik Biochemiker im Labor einzelne Erbinformationen zu verändern. Dabei setzen sie sich auch über Artgrenzen hinweg.
So enthält zum Beispiel gentechnisch veränderter Mais Erbgut des Bakteriums B. thuringiensis, dessen Toxin tödlich ist für bestimmte Insektenarten wie den Maiszünsler oder den Maiswurzelbohrer, die sich von den Pflanzen ernähren, es wirkt aber auch auf die Larven von Käfern und Schmetterlingen. Eine Gefahr besteht darin, dass gentechnisch veränderte Organismen in die freie Natur gelangen, die es dort bislang nicht gibt; diese sind lebens- und vermehrungsfähig und können ungeahnte Auswirkungen auf unser Ökosystem haben.
Welche Methoden werden bei der Gentechnik genutzt?
Von den 20.000 bis 60.000 Genen einer Pflanzenzelle sind heute erst bei einem Bruchteil ihre Funktionen hinreichend bekannt. Deshalb ist es auch im Labor bislang nicht möglich, gezielt jedes einzelne Gen zu verändern und damit sozusagen eine Pflanze mit neuen Eigenschaften zu "programmieren". Gentechniker versuchen, fremdes Genmaterial in Pflanzenzellen einzuschleusen in der Hoffnung, dass dessen Erbinformation übertragen wird und die transgene Pflanze die gewünschten neuen Eigenschaften ausbildet.
Dieser sogenannte horizontale Gentransfer geschieht im Wesentlichen mit drei Methoden:
- der Infektion der Pflanzenzelle mit dem Bodenbakterium Bacillus thumefacieus. Zuvor werden in dem eigentlichen Pflanzenkrankheitserreger die krank machenden Gene ausgeschaltet und die gewünschten Gene eingebaut.
- dem Beschießen von Zellen mit einer "Genkanone" (Partikelkanone)
- der Protoplastentransformation, wobei der eigentliche Gentransfer mittels Durchlässigmachen der Zellmembran geschieht.
Egal, welche Methode angewandt wird: Das Ergebnis lässt sich nur durch lange Versuchsreihen mit Aufwachsversuchen verifizieren. Dabei hängt viel vom Zufall ab. Es ist also keineswegs so, dass die Wissenschaft schon heute in der Lage ist, gezielt einen Genstrang durch einen anderen zu ersetzen.
Welches Ziel hat Gentechnik?
Es sind im Wesentlichen zwei Eigenschaften, die Biotechnologen transgenen Pflanzen „einprogrammieren“:
- die Abwehr bestimmter Schädlinge (Insektenresistenz) und
- die Toleranz für bestimmte chemische Pflanzenschutzmittel wie z.B. Roundup (Herbizidtoleranz).
Auch Krankheitsresistenzen oder neue Inhaltsstoffe (functional food) versuchen Biotechniker den Pflanzen im Labor einzuprogrammieren. Doch mehr als 60 Prozent der gentechnisch veränderten Pflanzen sind nur deshalb auf dem Markt, damit sich unerwünschte Beikräuter rund um die Pflanze "wegspritzen" lassen, ohne die Pflanze selbst zu vernichten. Diese Herbizide verkaufen genau dieselben Agrarkonzerne, die als Saatgutunternehmen auch die gentechnisch veränderten Organismen (GVO) auf den Markt gebracht haben. Weil diese patentiert sind, muss der Landwirt das Saatgut jedes Jahr wieder neu kaufen; das früher selbstständige Vermehren des Saatgutes durch den Bauern ist verboten. Genpflanzen machen nur Sinn, wenn der Landwirt die eigens dafür entwickelten Pestizide und Herbizide gleich mit kauft und einsetzt. Mit diesem "Alles-aus-einer-Hand-Prinzip" sichern sich einige wenige Hersteller ein Quasi-Monopol, bei dem sie das Angebot und die Preise diktieren können. Statt des verschleiernden Begriffes "Grüne Gentechnik" verwenden wir deshalb den Ausdruck "Agro-Gentechnik" – denn er macht klar, was dahinter steckt: Eine auf Gewinnmaximierung ausgelegte Agrar-Industrie.
Welche Argumente sprechen gegen Gentechnik?
Bio-Landwirte, -Hersteller und -Verarbeiter lehnen Gentechnik in der Landwirtschaft rundweg ab. Neben den nicht kalkulierbaren Risiken für Mensch, Tier und Natur gibt es dafür vier weitere wichtige Argumente:
- Agro-Gentechnik bringt keine Vorteile – denn die über Jahrtausende erprobten traditionellen Zucht- und Anbaumethoden ermöglichen auch langfristig eine nachhaltige Ernährung der Weltbevölkerung.
- Agro-Gentechnik führt zum Oligopol einiger weniger Agrarkonzerne – mit schon heute negativen sozialen wie ökonomischen Folgen für Landwirte, insbesondere in Entwicklungsländern.
- Agro-Gentechnik verhindert die Wahlfreiheit der Verbraucher – mittelfristig lässt sich das Ausbreiten von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) nicht verhindern.
- Agro-Gentechnik bedroht die Vielfalt – denn wenn nur noch einige wenige patentierte Genpflanzen angebaut werden, steht die Sortenvielfalt auf dem Spiel, die Landwirte in den mehr als 10.000 Jahren Landwirtschaft kultiviert haben.
Was ist "Rote Gentechnik"?
Im Gegensatz zur "Grünen Gentechnik" widmet sich die sogenannte Rote Gentechnik dem Erforschen und Heilen von Krankheiten, die ihre Ursache in Gendefekten haben. Die Forscher entwickeln dabei mit Hilfe biotechnologischer Methoden Medikamente, Impfstoffe oder neue Diagnoseverfahren und Therapieformen. Dabei werden beispielsweise dem Patienten Zellen entnommen, im Labor gentechnisch verändert und dann wieder zugeführt.
Was ist "Weiße Gentechnik"?
Weiße Gentechnik nutzt biotechnologische Methoden für industrielle Produktionsverfahren. Dabei kommen Organismen wie Bakterien und Hefen oder auch Enzyme zum Beschleunigen von biologischen Prozessen zum Einsatz. Mit Weißer Gentechnik werden beispielsweiße sogenannt Bio-Brennstoffe und Bio-Kunststoffe hergestellt.